In Dulci Jubilo
Eine Weihnacht der Spätrenaissance​​
Instrumenta Musica
Ercole Nisini
...mit ihrem heruntergedimmten Sound dem feinen Einklang zwischen Menschen- und Instrumentenstimmen, dem nie auftrumpfenden Blech und der interpretatorischen Sanftmut, die alle der fast 40 Nummern durchzieht. [...] So klangschön und milde abschattiert hat man Regionalpatriotismus lange nicht erlebt….
BERLINER TAGESSPIEGEL ÜBER „IN DULCI JUBILO“
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Konzertprogramm mit 5 Gesangsolisten und
7 Instrumenten
Elisabeth Seitz | Psalterion
Amrai Große | Violine
Friederike Otto | Zink
Angelika Grünert | Viola da braccio
Ercole Nisini | Posaune und Leitung
Johanna Seitz | Harfe
Zita Mikijanska | Orgel-Cembalo
Johann Hermann Schein: Paduana, aus: Banchetto Musicale, Suite Nr. 1
Johann Walther / M. Praetorius: Nun komm der Heiden Heiland (5 Stimmen)
Heinrich Grimm: Hosianna, dem Sohne David (S. Geige. Bc.)
Michael Praetorius: Magnificat super Angelus ad Pastorem aus Megalynodia Sionia (5 – 4 Stimmen)
Heinrich Grimm: Machet die Tore weit (S. Zink. Bc.)
M. Praetorius: Von Himmel hoch da komm ich her (3 – 4 – 5 Stimmen + Choral)
Johann Hermann Schein: Von Himmel hoch
Johann Walther: In Dulci Iubilo (4 Stimmen)
Michael Praetorius: In Dulci Jubilo (2 – 3 – 4 – Stimmen + Choral)
Michael Praetorius: Es ist ein Ros entsprungen
Michael Praetorius: A soli Ortus (Instrumental)
Johann Walther: Joseph lieber, Joseph mein
Michael Praetorius: Den die Hirten lobten sehre (Tenor + Chorus)
Michael Praetorius: Quem patores laudavere
Johann Hermann Schein: Gelobet seist du, Jesu Christ (2 Canti, Tenore und Bassposaune aus Opella nova 1618)
Michael Praetorius: Summo Parenti a 8 (Himnodia Synodia)
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Einen musikalischen Geschmack Sachsens zur Weihnachtszeit - sonst weltweit bekannt durch Christstollen und Kunsthandwerk - will das Konzertprogramm „In Dulci Iubilo“ - Eine sächsische Weihnacht der Spätrenaissance geben. Zur Aufführung kommen dabei Werke zur Advents- und Weihnachtszeit von bedeutenden sächsischen Komponisten des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts, Johann Walter, dem Urvater protestantischer Kirchenmusik, Michael Prätorius, Johann Hermann Schein und Heinrich Grimm.
Johann Walter galt schon zu Lebzeiten als Begründer reformatorischer Kunstmusik und ist so direkter geistiger Vater der anderen hier aufgeführten Komponisten. Geboren 1496 in Kahla (Thüringen) wurde er 1520/21 Sänger in der Hofkapelle Friedrichs des Weisen in Torgau und Altenburg. In diesem Umfeld bekannte er sich dann rasch musikalisch und theologisch zur Reformation Martin Luthers und brachte das „Geystliche gesangk Buchleyn“ als das erste Chorgesangbuch mit Bearbeitungen reformatorischer Lieder heraus. Nach der Auflösung der Hofkapelle wurde Walter Schulkantor in Torgau und Leiter der ersten Stadtkantorei. Als nach dem Schmalkaldischen Krieg die Kurwürde an Moritz von Sachsen übergegangen war, wurde Walter 1548 von diesem beauftragt, in Dresden eine neue Hofkapelle zu gründen, für die er dann innerhalb von sechs Jahren ein umfangreiches kirchenmusikalisches Repertoire aufbaute und eigene Werke dazu beisteuerte. 1554 zog sich Walter wieder nach Torgau zurück und starb dort 1570. Walters Kompositionen stehen ganz in der Tradition mitteldeutscher bzw. kursächsischer Musikpflege.
Michael Prätorius wurde 1572 in Creuzburg an der Werra geboren. Er begann seine musikalische Laufbahn als Organist an der Marienkirche in Frankfurt/Oder. Ab 1593 stand er in Diensten des Herzogs von Braunschweig und wurde 1594 als Organist der Hofkapelle eingestellt. Ab 1604 hatte er die Stelle des Kapellmeisters inne. Nach dem Tod des Herzogs 1613 war Prätorius für drei Jahre in Dresden im Dienst von Kurfürst Johann Georg und anschließend an wechselnden Orten tätig und starb 1621 in Wolfenbüttel. Prätorius’ musikalisches Schaffen knüpft an zwei unterschiedlichen Überlieferungen an: einerseits der Tradition des protestantischen Kirchenliedes seit Johann Walter, so insbesondere im fünften bis achten Teil der Musae Sioniae, anderseits an der Tradition des Gregorianischen Chorals im Gefolge Luthers formula missae, hauptsächlich in seinen lateinischen Werken. Hier kommt die ganze Vielfalt an Repetitionsformen und Besetzungskontrasten zum Tragen. Sein Spätwerk ist schließlich prinzipiell dem Generalbass und dem norditalienischen Vokalkonzert verbunden, in dessen Praxis er das Vorbild für die Musikentwicklung in Deutschland sah.
Johann Hermann Schein, der neben Samuel Scheidt und Heinrich Schütz zu den besten deutschen Komponisten seiner Zeit gerechnet wurde, wurde 1586 in Grünhain bei Annaberg geboren.1599 wurde er als Diskantist in der Dresdner Hofkapelle angenommen. Nach Studien in Leipzig und Pforta und musikalischen Anstellungen in Weißenfels und Weimar wurde er 1616 als Thomaskantor in Leipzig berufen und starb in dieser Funktion 1630. Die Kompositionen Scheins, neben Vokalwerken auch einige instrumentale Stücke, waren weit über Mitteldeutschland hinaus verbreitet wurden auch nach der Jahrhundertmitte noch neu gedruckt. Sie zeugen von einer außerordentlichen Vielseitigkeit und spiegeln den Prozess der Rezeption italienischer Musik und ihrer neuen Formen in Deutschland.
Heinrich Grimm, geboren 1592/3 in Holzminden war ein Schüler Michael Prätorius’ und ab 1617 Kantor in Magdeburg. Nach der Zerstörung Magdeburgs 1631 ging er nach Braunschweig und starb dort 1637. Seine weitreichend anerkannten Kompositionen gelten mehrheitlich als konservativ, aber auch hier finden sich neben einfachen Kantionalsätze in der Tradition protestantischer Musikpflege aktuelle konzertierende Formen italienischer Tradition. Seine Messvertonungen zählten im protestantischen Raum zu den populärsten ihrer Zeit.
Das vorliegende Programm möchte - thematisch konzentriert um den Advents- und Weihnachtsfestkreis - einen umfassenden Einblick in diese vielseitige und in vielerlei Hinsicht bewegte Epoche sächsischer Musikkultur bringen.
Christoph Scheerer
© 2021 Instrumenta Musica | Ercole Nisini
Fotos © Björn Kadenbach und Sebastian Lay
Karin Kopka-Musch, Texturen © VG Bild-Kunst, Bonn 2021